Eine Laborratte will er wirklich nicht sein

04. März 2009 | Landwirtschaft, Naturschutz

Lebhafte Diskussionsrunde in Nagold bringt Aufbruchstimmung gegen Gentechnik

Liedermacher Hans-Peter Lendle sitzt als der "Gentechnik-Mann" mit Gitarre auf der Bühne Liedermacher Hans-Peter Lendle bekam viel Applaus als der "Gentechnik-Mann" Foto: Thienes

Was einen Imker mit einem Schweinemäster verbindet, kann diesen zugleich von einem Bauern-Kollegen trennen: Das Thema Agro-Gentechnik. Lebhaft wurde jetzt in Nagold diskutiert, was zuvor einige Redner unter dem Titel "Zukunftschance oder unkalkulierbares Risiko" beleuchtet hatten. 

Echte Aufbruchstimmung herrschte schließlich nach einem Nachmittag, ausgerichtet von 13 Veranstaltern aus der Region - Kirchen, Naturschützer oder dörfliche Arbeitsgemeinschaften. "Ich bin positiv gestimmt", so Thomas Ebinger schließlich, Vorsitzender der BUND-Ortsgruppe Nagold. Denn in der abschließenden Diskussion war die Solidarität in der Ablehnung von Gentechnik spürbar.

Auf einsamem Posten stand da Friedrich Großhans, der sich als Vertreter der Kreisbauernschaft Calw nicht für eine gentechnikfreie Zone im Kreis stark machen konnte. Er sah sich im Gegensatz zu den anderen Rednern, die die Gentechnik aus ethischer Sicht oder ganzheitlichem Naturverständnis ablehnten, wie etwa Pfarrer Thomas Dietrich und Wolfgang Rauser vom Bezirksimkerverein Nagold. Auch der Forscher und Saatgutzüchter Bertold Heyden wie auch Agraringenieur und Landwirt Rudolf Bühler reihten sich hier ein, letzterer als erfolgreicher Gründer der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, die bereits seit 2003 eine gentechnikfreie Zone ausgerufen hat. Er, so Großhans, fühle zwei Herzen in seiner Brust. Denn andererseits nehme er ja selbst am Projekt der Campina teil, die derzeit erstmals gentechnikfreie Milch auf den Markt bringe und schlachte für den Familiengebrauch zwei Schweine jährlich, die er mit gentechnikfreiem Soja füttere. Hätte er aber einen Schweinemastbetrieb, könnte er sich das - er ist Milcherzeuger - nicht leisten bei einem Mehrpreis von vier Euro pro Doppelzentner Futter.Vo

m Gegenteil versuchte ihn Rudolf Bühler zu überzeugen. Die Verbraucher wünschten ganz überwiegend keine Gentechnik, und mit Kundenorientierung bestehe man am Markt. Er berichtete von 980 Bauern, die sich wider dem wankelmütigen eigenen Bauernverband im Hohenlohischen zusammengetan hätten. Diese Erzeugergemeinschaft einigte sich darauf, kein gentechnisch verändertes Futtermittel anzubauen und zu verwenden.

Applaus erntete der "Gentechnik-Mann" Liedermacher Hans-Peter Lendle aus Vogtareuth für seine Zeilen "wenn erst das Saatgut mal verseucht, ist Stufe eins schonmal erreicht, denn jedes Feld das angebaut, hat die Umgebung bald versaut".

Pfarrer Thomas Dietrich vom Katholischen Landvolk Freiburg hatte betont, dass es eine Folgen-Abschätzung der Agro-Gentechnik nicht gebe. Wenn gentechnisch verändertes Saatgut einmal in der Biosphäre sei, bleibe es drin. Folglich habe "Experimentellen Charakter", was hier geschehe, und "wir sind die Labor-Ratten" - ein Status, den er für sich ablehne, so Dietrich.

Die Bedeutung umfassender gentechnikfreier Zonen werde erkennbar, betrachtet man die Sinnlosigkeit gesetzlicher Abstandsregelungen, hob Imker Wolfgang Rauer hervor, zumal der Wind nachweislich sogar Saharasand - wesentlich schwerer als Pollen oder Samen von Raps oder Mais - bis nach Deutschland trage. Auch seine Bienen flögen bis zu drei Kilometer und könnten bisher noch nicht so gelenkt werden, dass sie ein Genfeld umfliegen.

Quelle: Schwarzwälder Bote, 04.03.2009, von Irmeli Thienes: Nagold.

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